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im Haus Schwarzenberg
Rosenthalerstraße 39
10178 Berlin

fon +49.(0)30.308 725 76
fax +49.(0)30.282 90 33

Öffnungszeiten
mo - sa: 12 - 20h
so: 14 -19h


Anfahrt


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09.12.2006 - 07.01.2007

Die Verdammten: schönheit siegt auf allen fronten
Eine Ausstellung zeitgenössischer polnischer Kunst


Vernissage am Freitag, den 09.12.2005 um 20.00 Uhr

Arkadiusz Adamiak | Krzystof Gawronkiewicz | Grzegorz Klaman | Barbara Konopka | Przemyslaw Kwiek | Kwiekulik (Duo Przemyslawa Kwieka i Zofia Kulik) | Zbigniew Libera | Roman Lipski | Tomasz Musial | Dorota Nieznalska | Leszek | Przyjemski | Krystian Rosinski | Slawomir Rumiak | Marcin Rupiewicz | Jerzy Truszkowski

 

Wenn auch die in dieser Ausstellung zusammengeführten Künstler unterschiedlichen Generationen der polnischen Kunst angehören, lassen sich an ihren Oeuvre Gemeinsamkeiten feststellen. Ziel der Ausstellung ist es, diese ähnlichen Haltungen und Positionen deutlich zumachen und der Berliner und deutschen Öffentlichkeit zugänglich zumachen.

Als eine Art geistiger Vater der auszustellenden Künstler mag der Konzeptionalist und Dichter Andrzej Partum gelten. Partums Aktionen erschütterten traditionelle Kunstbegriffe und hatten erheblichen Einfluss auf die künstlerische Kultur Polens seit den frühen 1970er Jahren. Eine Würdigung von Partums Wirken durch die etablierte polnische Kunstgeschichte fand bislang kaum statt; es war bezeichnenderweise einer der "Verdammten", der in der Ausstellung vertreten Jerzy Truskowski, der durch eine Veröffentlichung 2002 eine breitere Rezeption einleitete.

Partums Generation zugehörig sind die ältesten Künstler der Ausstellung, Zofia Kulik und Przemyslaw Kwiek. Als Zeitgenossen Partums erregten das damals unter dem Namen Kwiekulik operierende Paar in den frühen 70er Jahren durch Aktionen und Performances Aufmerksamkeit, wie etwa auf der Biennale der Räumlichen Formen in der jungen polnischen Stadt Elblag (Elbing).

Ein grundsätzlicher Aspekt der Arbeiten und Aktionen von Kwiek und Kulik war die Auseinandersetzung mit dem Kunstbegriff und der Rolle des Künstlers in der Kultur des polnischen Sozialismus der 70er und 80er. Diese Auseinandersetzung vollzog sich vor dem Hintergrund einer vermeintlich liberalen Haltung des Staates gegenüber der Kunst. Als Kwiek in einer Aktion auf der Elbinger Bienale die Polen bzw. sein Publikum dazu aufrief, in die Kommunistische Partei einzutreten, zog er Misstrauen sowohl von Seiten der Politik als auch in Kreisen der Kultur auf sich. Kwieks naiv-utopischer Glaube an eine Reform des Sozialismus durch eigene Initiative, sein "linker Antitotalitarismus" (Anda Rottenberg) verunsicherte, weil nicht eindeutig war, ob es sich um eine politische oder künstlerische Aktion handelte.

1975 beantragten Kwiek und Kulik die Aufnahme in die Kommunistischen Partei - 1979 wurde beiden die Ausstellung von Pässen verweigert, d.h. die Reisefreiheit genommen und somit eine verhältnismäßig drakonische Maßnahmen in der eher liberalen kulturpolitischen Praxis auf die Künstler angewandt.

Diese erste Generation war besonders einflussreich für eine Reihe von Künstlern, die dann in den späten 1970er und 1980er Jahre erstmals aktiv wurden. Hierzu zählen der bereits erwähnte Jerzy Truskowski und Zbigniew Libera. Ihre künstlerischen Auseinandersetzungen reagierten auf die Wirklichkeit der medial-vermittelten, propagandistisch aufbereiten Sphäre der populär-kulturellen Identitätsstiftung. Die Mythisierung der jüngeren polnischen Geschichte, von Okkupation und Weltkrieg, war der Inhalt dieser Bewusstseinskonditionierung.

Die identitätsstiftende Mythologie der polnischen Nachkriegsvergangenheit wurde zu einer Antimythologie der Deutschen. Die künstlerische Auseinandersetzung mit Mythologie und Antimythologie resultierte in einer Transformation dieser Traumatisierung in Kunstobjekte. Diese Werke bedienten und bedienen sich zugänglicher und vertrauter Ästhetiken der Massen- und Populärkultur und betrieben damit eine Entzauberung dieser Mythen und die Befreiung von diesen.

Populärstes Beispiel hierfür ist Zbigniew Liberas Konzentrationslager in Form einer Legobaukastenserie (ab 1996), das beispielsweise 2002 im New Yorker Jewish Museum gezeigt wurde.

Jüngere Beispiele dieses Vorgehens sind der Maler und Grafiker Krzystof Gawronkiewicz und der Maler und Philosoph Tomek Kozak. Gawronkiewicz wählte das Format des Comics um die Geschichte des Juden Zelig zu erzählen. Hier findet eine spielerische und intendiert blasphemische Auseinandersetzung mit den Märtyrermythos der Opfer der Nazi-Diktatur statt.

Bei der Fertigung seiner minutiös in Öl gemalten Werke bediente sich Kozak wiederum der visuellen Sprache von Comics und Cartoons, die in massiven Gegensatz zu dem komplexen semantischen Anspielungen seiner Arbeiten stehen. Der Titel der Berlin Ausstellung wurde der Bildunterschrift eines Gemäldes von Kozaks entnommen, die wiederum eine Modifikation eines Nazi-Sloagans ist (Deutschland siegt an allen Fronten).

Die Auseinandersetzung mit den Normen der christlich-partriachalen geprägten Kultur Polens betrieben in der jüngeren Vergangenheit verstärkt auch polnische Künstlerinnen. Die Thematisierung und der Ausdruck von Sexualität führte - für eine westliche Öffentlichkeit kaum nachvollziehbar - zu vehementen Reaktionen einer konservativen Öffentlichkeit. So führte die Abbildung des männlichen Geschlechts auf einem Kreuz der Danziger Künstlerin Dorota Nesznalska zu einem öffentlichen Skandal und der Anklage und Verurteilung der Autorin.


Die Ausstellung im Haus Schwarzenberg unternimmt den Versuch, stichprobenhaft die Strömungen der polnischen Kunst zu zeigen, die seit den 90er Jahren unter den Begriffen "Kritische Kunst" ("Sztuka Krytyczna") oder "Radikale Künstler" ("Artysci Radykalni") diskutiert werden. Das durch den Kurator der Ausstellung vorangestellte Wort der Verdammten, bezieht sich auf die Marginalisierung kritischer Positionen in Polen.
Der Grundgedanke der Ausstellung besteht in der Behauptung einer - über den Systemwechsel hinweg andauernden - Kontinuität sowohl kritischer künstlerischer Haltungen seit den frühen 70er Jahren als auch die Ablehnung dieser Kunst durch Teile der Öffentlichkeit und kultureller Institutionen im sozialistischen wie im demokratischen Polen.

Der Kurator der Ausstellung ist der aus Danzig stammende Schriftsteller Lopez Mauser aka Wojchech Stamm, der Mitbegründer des Clubs der Polnischen Versager in Berlin. Stamms Beteiligung an der Danziger Samisdatbewegung TOTArt in der zweiten Hälfte der 80er Jahre verleiht der oben skizzierten Einschätzung eine entsprechende Glaubwürdigkeit.

 

 

Projekt realizowany we wspó³pracy z Instytutem Adama Mickiewicza i finansowany ze œrodków Ministerstwa Kultury Rzeczpospolitej Polskiej w ramach "Roku Polsko-Niemieckiego" 2005/2006.

Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Adam-Mickiewicz-Institut und aus den Mitteln des Kulturministeriums der Republik Polen im Rahmen des Deutsch-Polnischen Jahres 2005/2006 durchgeführt.